Das ist in Zeiten, wo jeden Tag eine neue Social Community aus dem Boden sprießt und die etablierten ständig neue Features entwickeln (die laut Spiegel-Umfrage eigentlich kein Mensch braucht), eine durchaus berechtigte Frage, wie ich meine.
Und deshalb versuche ich mal, eine differenzierte Antwort darauf zu geben. Denn mir fällt in letzter Zeit auf, dass viele Freiberufler und Solo-Unternehmerinnen trotz oder vielleicht gerade auch wegen der allenthalben grassierenden Netzwerkeritis eigentlich gar keine Vorstellung davon haben, was das ist und vor allem, wie sie davon profitieren können.
Einerseits finde ich das seltsam, denn über den Daumen gepeilt kommen mindestens 50 Prozent aller Aufträge über persönliche Beziehungen zustande: der Mann einer Bekannten, die Freundin eines bestehenden Kunden, der Kunde eines Kooperationspartners – das alles sind ja letztlich Menschen, die irgendwo aus dem Beziehungsnetzwerk heraus den Weg zu mir gefunden haben. Mit anderen Worten heißt das: Wer sein Netzwerk nicht ständig pflegt und gezielt ausbaut, vergibt jeden Tag Chancen auf neue Aufträge und Kunden und damit auf Umsatz.
Andererseits scheint gerade der Zeitfaktor viele abzuschrecken. Oft höre ich „Woher soll ich denn dafür AUCH NOCH die Zeit nehmen???“ Weil man ja offenbar ohnehin schon dicht an der Schmerzgrenze arbeitet und das Networking dann in der Prioliste ziemlich weit unten angesiedelt ist.
Mal ehrlich, das kann man sich leisten, wenn die Auftragslage gut ist. Allerdings gilt: fängt man erst dann zu netzwerkeln an, wenn es auftragsmäßig langsam eng wird, könnte es vielleicht schon zu spät dafür sein. Abgesehen davon plant man besser täglich oder wenigstens wöchentlich ein Zeitfenster für die Akquise ein – und Networking gehört zu einer modernen Akquisestrategie einfach dazu.
Oft gesellt sich zu der Zeitfrage noch eine Überforderung gegenüber der Technik schlechthin. Das wollen viele so offen nicht zugeben, und dann höre ich Aussagen wie: „Ach nee, Internet ist nicht so mein Ding“, oder „Das bringt doch sowieso nix“. Letzteres übrigens oft von Menschen, die das gar nicht ernsthaft beurteilen können, weil sie sich noch nie irgendwo registriert haben. Oder die dachten, es reiche, sich zu registrieren, damit die Kunden einem die Bude einrennen.
Wie auch immer: Sicher gibt es verschiedene Typen, und ganz bestimmt muss nicht jeder gleich zum Online-Junkie werden, um erfolgreiches Networking zu betreiben. Aber die Frage, wie die persönliche Networking-Strategie aussehen könnte, verdient näheres Hinsehen.
Und damit komme ich zurück auf die eingangs gestellte Frage: Wie viel Networking braucht der Mensch denn nun wirklich? Fangen wir doch mal so an: Was fällt überhaupt unter dieses Schlagwort? Zu oft wird neben all dem hippen Social Community-Schnick-Schnack mit Bloggen und Twittern und was weiß ich das gute altmodische Netzwerkeln – vulgo: Klüngeln oder Vitamin B – ganz außen vor gelassen: Denn Familie, Freundeskreis, (ehemalige) Arbeitskollegen, Vereinskameraden und Ex-Kommilitonen – das alles sind Menschen, mit denen man mehr oder weniger regelmäßig in Kontakt steht. Also auch Menschen, die bestimmte Bedürfnisse haben oder wieder andere Menschen kennen, deren Bedürfnisse Du erfüllen kannst.
Deshalb empfehle ich Netzwerk-Anfängern immer, doch einfach mal eine möglichst vollständige Liste anzulegen mit all den Personen, die sie kennen und mit denen sie mindestens einmal pro Jahr Kontakt haben. Meistens ist das Staunen da groß, denn fast immer wird schon die Anzahl der Kontakte im aktuellen privaten Adressverzeichnis völlig unterschätzt.
So, und weil dieser Artikel jetzt schon deutlich länger geworden ist als geplant, folgt Teil 2 dann morgen!
Wenn man die Leute fragt, wieviele Menschen sie kennen, dann bekommt man die unglaublichsten Antworten. Ich bekam auch einmal eine ähnliche Frage, nämlich mit wievielen Menschen ich in den letzten 10 Jahren MEHRFACHE Kontakte/Termine/Begegnungen hatte. Kunden ausgenommen.
Ich hatte spontan 30-40 geschätzt, mich dann hingesetzt und die Namen aufgeschrieben. Innerhalb von 3 Tagen war ich bei weit über 100 Menschen und ich fand es gut, dass mir einige Vergessene so wieder eingefallen waren, zu denen ich dann auch kurzfristig wieder Kontakt aufgenommen habe. Und schon deshalb hatte es sich gelohnt, die Namen wieder ins Gedächtnis zu rufen.
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Hallo Michael, ja, und was das Ganze dann so spannend macht, ist die Überlegung, dass diese 100 Personen ja auch wieder durchschnittlich um die 100 weitere Personen kennen – und dann potenziert sich das Ganze sehr schnell. Bei Xing habe ich zurzeit rund 270 Kontakte und bereits knapp 68.000 Kontakte zweiten Grades! Ob und wie man das nutzen kann, ist dann wieder eine interessante Frage …
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