Lesbare Texte produzieren – das klingt schwieriger als es ist. Aber was genau gehört konkret dazu? Der Inhalt alleine kann es nicht sein, sonst wären viel mehr Fachbücher Bestseller. Tatsächlich kommt es sehr stark auf die Form an, also die Art und Weise, wie die jeweiligen Inhalte kommuniziert werden. Die meisten Gelegenheitsautor*innen machen sich darüber aber keine Gedanken, weil sie viel zu sehr mit der inhaltlichen Seite beschäftigt sind. Schade, denn damit vergibst du zumeist die Chance, deine Leser*innen zu fesseln und noch mehr dazu zu gewinnen. Wer sich beim Lesen langweilt, ist weg und kommt leider so schnell auch nicht wieder.
Was kannst du also tun, um deine Texte im wahrsten Sinne ansprechend zu formulieren?
Ganz allgemein könntest du folgende Regeln beherzigen:
- Entwickle eine klare Struktur. Mach dir klar klar, was das Ziel deines Textes ist. Was sollen die Leser*innen nach der Lektüre wissen? Wozu willst du sie bewegen? Manche Autor*innen folgen da einem sehr ausgefeilten Plan. Meine persönliche Strategie ist eine knackige Headline als Ausgangsbasis und ein paar Minuten Mindmapping, um Ideen zu sammeln und zu strukturieren. Manchmal verändert sich die Struktur auch während des eigentlichen Schreibprozesses, weil unterwegs noch neue Ideen auftauchen. Ganz ohne Plan geht es meiner Erfahrung nach jedenfalls nicht, vor allem nicht bei längeren Texten.
- Bevorzuge kurze Sätze. Alles, was über drei Zeilen hinausgeht, fällt unter die Kategorie “Bandwurmsatz”. Und lange Sätze bedeuten für deine Leser*innen einfach mehr Anstrengung. Dazu kommt noch, dass die wenigsten von uns tatsächlich in der Lage sind, einen Gedanken über mehrere Zeilen stringent und grammatisch richtig zu verfolgen. Daher: Entdecke den Charme des Punkts. Dieses Satzzeichen lässt sich an vielen Stellen einfügen, um deinen Text sinnvoll zu gliedern und deinen Leser*innen das Verständnis zu erleichtern.
- Formuliere aktiv und direkt. Passivkonstruktionen schleppen sich mühsam über die Zeilen, blähen einen Text unnötig auf und verleiten zur Unpersönlichkeit. Darüber hinaus paaren sie sich häufig mit einem “schweren” Nominalstil, bei dem sich ein Substantiv an das andere reiht. Solche Texte kommen insgesamt dann eher wuchtig daher – und es macht einfach keinen Spaß, sie zu lesen. Vergleiche doch einmal die beiden folgenden Textschnipsel:Ganzheitliche Unternehmensentwicklungsprozesse sind mehr als Organisationsentwicklungen und auch mehr als Restrukturierungen. Es ist die Aufgabe einer Unternehmensberatung, das Unternehmen anhand einer Strategie auszurichten und den Umsetzungsprozess zu begleiten.
Dieser Text – den ich exakt so auf der Seite einer Unternehmensberatung gefunden habe – könnte sich ganz anders anhören und inhaltlich genau das gleiche ausdrücken:
Unternehmensentwicklung verstehen wir als einen ganzheitlichen Prozess, zu dem mehr gehört als Organisationsentwicklung und Umstrukturierungen. Wir unterstützen Sie dabei, Ihr Unternehmen strategisch auszurichten und begleiten Sie bei der Umsetzung.
Mehr Verben, persönliche Ansprache – “wir” und “Sie” – und schon entsteht eine ganz andere Energie. Auch wenn ich diesen Text noch immer für deutlich verbesserungswürdig halte, weil er auf der inhaltlichen Seite nichts Neues erzählt und sich mit abgegriffenen Formulierungen begnügt.
- Vermeide als Einzelunternehmer*in den Pluralis majestatis. Sprich nicht von “wir”, wenn das Unternehmen nur aus dir selbst besteht. Ich persönlich nehme das als eine Form von Hochstapelei wahr. Und als Kundin würde ich mich immer fragen, was du damit bezweckst. Ich weiß, dass manche Kolleg*innen die “Wir”-Form empfehlen, weil damit nach außen Seriosität demonstriert werden soll. Mit meinem Authentizitätsverständnis beißt sich das, und ich glaube nicht, dass du dir damit einen Gefallen tust.
- Verzichte auf Superlative. Denn diese sind fast nie eine gute Idee, wenn es darum geht, sich selbst zu beschreiben. Zum einen aus wettbewerbsrechtlichen Gründen: Wenn du dich als “Deutschlands bester Verkaufstrainer” titulierst, dürfte es einige Kolleg*innen geben, die etwas gegen diesen Anspruch haben. Und auch, wenn ich ein Fan des alten Spruchs bin “Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr!”: So dick aufzutragen, lohnt sich nur in den seltensten Fällen, denn natürlich wirst du an diesem Anspruch auch gemessen. Versagen gilt dann definitiv nicht. Ausnahmen bestätigen die Regel: Rolf Ruhleder bezeichnet sich selbst als “Deutschlands härtester und teuerster Rhetoriktrainer”. Offenbar löst er dieses Versprechen auch tatsächlich ein, denn der Erfolg gibt ihm Recht.
- Sortiere Füllwörter aus. Das ist schwieriger als es sich anhört, weil wir es so sehr gewöhnt sind. Aber “eigentlich” und “irgendwie” sind in den meisten Fällen überflüssig. Sehr oft setzen wir auch verstärkende Adverben oder Adjektive ein, wo sie gar nicht nötig wären. Zum Beispiel wollte ich im zweiten Satz dieses Abschnitts zunächst “völlig überflüssig” schreiben. Aber hat “völlig” hier irgendeine nützliche Funktion? Also: Überprüfe deinen Text auf solche Null-Wörter. Sie haben keine Aussagekraft, verwässern im Gegenteil das Gesagte und lenken vom Kern der Sache ab. Sie blähen das Textvolumen unnötig auf und sind in den meisten Fällen verzichtbar.
- Werte den Text emotional auf. Nutze also Wörter, die emotional positiv besetzt sind wie Liebe, Ekstase oder Glück. Solche Begriffe lösen im Gehirn eine erhöhte Aktivität aus – deutlich stärker als bei eher neutral markierten Begriffen wie “Papier” oder “Gebäude”. Wir reagieren nicht nur stärker darauf, wir merken uns auch länger, worum es geht, wenn wir gefühlsmäßig angesprochen werden. Das funktioniert ganz ähnlich, wie wenn wir den emotionalen Ausdruck eines Gesicht scannen. Und kann deinen Texten den entscheidenen Kick geben, wenn du dann noch das richtige Motivsystem ansprichst.
Glaub mir: Schreiben ist zu weiten Teilen Handwerk, also Übung und Routine. Das heißt, es lässt sich lernen. Vergiss den Anspruch, dass jeder deiner Sätze “perfekt” sein muss. Schreibe Texte, die du selbst gerne lesen würdest. Und fange am besten jetzt damit an.