Franz Grieser beschreibt sich selbst so:
„Ich bin Multi-Solopreneur. Ich bin beruflich als Einzelkämpfer oder Teil eines Teams in drei unterschiedlichen Bereichen tätig:
1. als Autor, der seinen Lesern Wissen bzw. Know-how vermittelt.
2. als Schreibcoach und -trainer für Menschen, die im Beruf schreiben müssen. Ich helfe ihnen dabei, ins Schreiben zu kommen und das, was auch immer sie schreiben, zu einem guten Ende zu bringen.
3. als Gestalttherapeut, Männercoach und Heldenreiseleiter, der Menschen auf dem Weg dahin begleitet, ein erfülltes Leben zu führen.“
Franz und ich sind uns irgendwann im Social Web virtuell über den Weg gelaufen und begleiten einander seitdem sehr wertschätzend und kollegial. Ich schätze an Franz seine ruhige Präsenz – und dass er hier den Reigen der „Multi-Solopreneure“ eröffnet, die auf diese Weise gut mit ihrer Vielseitigkeit leben.
Wissen und Erkenntnis als wesentliche Elemente der Selbstermächtigung
1. Wenn du dein Selbstbild als Unternehmer*in beschreibst: Wie sieht das aus, und was gehört alles dazu für dich?
Ich mache das, was ich mache, immer so gut ich kann. Zum „es gut machen“ gehört für mich nicht nur die Tätigkeit an sich, sondern immer auch Beziehung: Ich arbeite immer in Beziehung zu einer Person oder mehreren. Beim Coaching, beim therapeutischen Arbeiten und bei Seminaren wie der Heldenreise ist das offensichtlich: Da geht es um die Beziehung zu meinem Gegenüber – Coaching und Therapie funktioniert nur über Beziehung.
Beim Schreiben habe ich immer ein, zwei Leser vor Augen, für die ich schreibe – das sind tatsächliche Leser, die ich kenne, oder imaginierte typische Leser. Wenn ich wider besseres Wissen anfange, einen Artikel zu schreiben, ohne zu wissen, für wen und wofür, kommt meist kein besonders guter Artikel dabei heraus.
2. Welche deiner Eigenschaften hältst du für unverzichtbar, bezogen auf deinen unternehmerischen Erfolg?
Meine Begeisterungsfähigkeit. Und meine Blauäugigkeit – ohne die Blauäugigkeit hätte ich mich auf manche Abenteuer nicht eingelassen, die sich im Nachhinein als genau richtig erwiesen haben oder die einfach ungeheuer Spaß gemacht haben. Ebenfalls unverzichtbar ist meine Fähigkeit, komplexe Sachverhalte zu durchdringen – und notfalls so lange zu hinterfragen, bis ich sie begreife. Und sie dann so zu erklären, dass auch andere sie verstehen.
Wenn es darum geht, Ideen für Neues zu finden, ist auch die Fähigkeit sehr hilfreich, Verbindungen zu sehen oder herzustellen, die andere nicht sehen.
Was die Arbeit mit Menschen angeht, da helfen mir Empathie, ein offenes Herz und die unstillbare Neugier „Wie tickt mein Gegenüber?“. Und Humor in allen möglichen und unmöglichen Situationen.
3. Wenn du mal zurückblickst: Aus welcher Erfahrung hast du am meisten gelernt für dein unternehmerisches Leben?
Es hat keinen Sinn, jemand sein zu wollen, der ich nicht bin. Ich habe mich zweimal für Geschäftsfelder entschieden, weil sie lukrativ waren, die aber nicht zu mir gepasst haben bzw. für die ich nicht gepasst habe. Das hat in beiden Fällen nicht funktioniert. Das eine Mal hab ich mich fürchterlich angestrengt, bin aber auf keinen grünen Zweig gekommen – weil ich’s schlicht und einfach nicht machen wollte. Das andere Mal kam von außen die Ablehnung: „Nö, Du passt hier nicht rein.“
4. Was bedeutet „Scheitern“ für dich?
Für mich ist Scheitern oder Fehlschlagen Teil des Prozesses. Scheitern ist für mich das Feedback: So geht es nicht. Ganz im Sinne von Thomas Edison, der seine zig Fehlversuche, eine funktionierende Glühlampe zu bauen, kommentiert haben soll mit „I have not failed 10,000 times. I have successfully found 10,000 ways that will not work.“
5. Was möchtest du mit deinem Unternehmen der Welt geben?
Ich will nicht „der Welt“ an sich etwas geben, ich will einzelnen Menschen etwas geben.
Mit meinem Schreiben will ich auf einer Ebene ganz profan meinen Lesern das Leben leichter machen. Mein Ziel ist, dass meine Leser hinterher mehr wissen oder wissen, wie sie etwas tun bzw. erreichen.
Auf einer zweiten Ebene: Für mich sind das Streben nach Wissen und Erkenntnis wesentliche Elemente bei der Selbstermächtigung. Wir Menschen versuchen, die Welt um uns herum und in uns zu begreifen. Auch wenn das nur eingeschränkt möglich ist, ist das doch ein entscheidender Schritt raus aus der Unwissenheit, der Unmündigkeit.
Auf der dritten Ebene geht es mir bei der Arbeit mit Menschen ebenfalls um Selbstermächtigung: Viele sehen sich in einzelnen Bereichen oder immer wieder als Opfer der Umstände, als Opfer anderer Menschen, als machtlos. Ein Teil meiner Arbeit ist es, mit den Klienten zusammen zu erforschen, wie weit sie Einfluss auf ihr eigenes Leben haben – und wie sie diese Einflussmöglichkeiten erweitern können. Da geht es auch wieder um Erkenntnis und dann darum, das eigene Leben mehr und mehr in die Hand zu nehmen.
6. Welche Art von Marketing machst du für dein Unternehmen und deine Angebote?
Für mein Redaktionsbüro mache ich kein Marketing – die festen Aufträge reichen, außerdem kommen immer wieder Anfragen von ehemaligen Kunden bzw. Anfragen auf Empfehlung. Es gibt für das Redaktionsbüro ganz bewusst auch keine eigene Website.
Für das Schreibcoaching und -training habe ich eine eigene Website mit Blog. Neue Blogbeiträge verbreite ich über Twitter und auf Xing, außerdem bin ich in einschlägigen Facebook- und Xing-Gruppen aktiv. Ein Schreibseminar biete ich über eine Online-Akademie an.
Die meiste Energie geht zur Zeit ins Bewerben der Coaching- bzw. therapeutischen Angebote, insbesondere für mein Herzensprojekt, die Heldenreise. Website, Blog, Newsletter, Verbreiten der Beiträge auf Facebook, Twitter und Xing und auch bezahlte Anzeigen auf Facebook und Google.
7. Wie würdest du dein Verhältnis zu Geld beschreiben?
Geld ist für mich Mittel zum Zweck, kein Selbstzweck. Ich tue das, was ich arbeite, natürlich, um Geld für den Lebensunterhalt zu verdienen. Ich würde vieles von dem, was ich tue, aber auch unentgeltlich tun, wenn für den Lebensunterhalt gesorgt wäre.
8. Welche Routinen helfen dir bei deinem Workflow, und welche Tools setzt du dafür am liebsten ein?
First things first – nach Möglichkeit erledige ich das Wichtigste für den Tag zuerst.
Ich führe eine spezielle To-Do-Liste mit 4 Spalten pro Tag: für jedes meiner drei Standbeine und für Privates. Ich habe lange mit verschiedensten To-Do-Listen und Tools experimentiert, am übersichtlichsten und am leichtesten zu handhaben ist für mich eine Tabelle, die in meiner Dropbox liegt, und die ich auf dem PC und dem Macbook mit LibreOffice Calc bearbeite und auf die ich vom iPad aus mit Numbers zugreifen kann.
Die To-Do-Liste für die kommende Woche lege ich am Freitagnachmittag oder Montagmorgen an. Dabei schaue ich, dass ich jeden zweiten Tag eine langfristig wichtige Aufgabe einplane – also nach Covey und Eisenhower nicht nur Quadrant-A-Aufgaben (dringend und wichtig), sondern auch Quadrant-B-Aufgaben (wichtig, nicht dringend). Das gibt mir die Sicherheit, mich auch um das langfristige Geschäft zu kümmern und mich nicht im täglichen Kleinklein zu verlieren.
Seit Anfang des Jahres probiere ich dazu auch eine spannende neue Methode aus: The 12 week year. Nach dem gleichnamigen Buch von Brian Moran und Michael Lennington. Kurzgesagt geht es darum, nicht mehr in 52-Wochen-Jahren zu denken, sondern in 12-Wochen-Etappen. Viele Menschen funktionieren ja so, dass sie, wenn es auf eine Deadline zugeht (und das Jahresende ist für viele eine solche Deadline), besonders produktiv werden. Den Autoren zufolge kann man mit dem „The 12 week year“ den Fokus, die Klarheit und die Stringenz, die wir im Endspurt zeigen, gleich dreimal pro Jahr haben (zur Beruhigung: sie planen am Ende jedes dieser Blöcke eine Erholungspause ein). Darum geht es mir nicht. Für mich ist ein 12-Wochen-Horizont leichter überschaubar. Ich habe den Eindruck, meine Projekte so besser im Griff zu haben. Bisher – ich bin am Anfang von Woche 9, bei mir beginnt also gerade das 4. Quartal – funktioniert es erstaunlich gut. Auch wenn ich noch nicht alles umsetze, was die Autoren empfehlen.
9. Wie schaltest du ab und entspannst dich am besten?
Während der Woche beim Spazierengehen mit unserem Hund, bei einer Tasse Kaffee auf der Terrasse mit Blick auf die Berge, auf unserem Trampolin, beim Mittagsschlaf. Am Wochenende bei einem Ausflug, im Kino, Theater oder Kabarett, auf dem Sofa mit einem Buch. Hauptsache: weit weg von der Tastatur.
Vielen Dank, lieber Franz, dass du hier mitgemacht und deine Erfahrungen geteilt hast. „The 12 week year“ werde ich mir sicher mal anschauen!
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Liebe Heide, lieber Herr Grieser,
danke für das spannende Interview. Das „12 week year“ ist auch für mich eine ganz wesentliche Grundlage, mit der ich seit einiger Zeit experimentiere. 12 Wochen (bzw. 13 mit der Erholungspause) sind auch für mich ein guter Zeitraum, um mich im Fokussieren zu üben. Schön, dass es Gleichgesinnte gibt:-)
Liebe Frau Birkner.
Ich glaube, es war auch Ihr Blog, auf dem ich über das 12 year week gestolpert bin 🙂
Herzliche Grüße.